Marathon auf Orgeln
Eine aufregende Woche liegt hinter Mathias Grünert. Der zukünftige Kantor der Dresdner Frauenkirche spielte und spielte und spielte. Er gab in fünf Tagen 32 Konzerte an 22 Orten. Eine logistische Meisterleistung. Die Instrumente – allesamt Projekte zur Bach-Pflege – lernte er immer erst vor Ort kennen, hatte also nicht viel Zeit, auf ihnen zu üben. Und trotzdem lobten ihn Experten, bei jedem Konzert aufs Neue. Wie gut, dass dieser Mann bald nach Dresden kommt!
Sächsische Zeitung 11.05.2004
OrgelArena 2005 begeisterte mit der Idee und dem Niveau
…Und die Initiatoren, allen voran Karl-Heinz Kraass, Jena, fanden in Frauenkirchenkantor Matthias Grünert, Dresden, einen versierten Vollblutmusiker, der während der vier Tage 37 Konzerte an 37 verschiedenen Orgeln bewältigte ohne ein Musikstück zu wiederholen – eine wahre Marathonleistung auf höchstem Niveau und ohne jedes Honorar. In den halbstündigen Konzerten kamen beeindruckend große Orgeln und ganz kleine, bestens restaurierte und kaum bespielbare in den Blick der Öffentlichkeit und unter die Hände des jungen Virtuosen.
Viele Thüringer aus der Region, aber auch Touristen aus Bonn, Mainz oder Osnabrück ließen sich mitnehmen auf eine musikalische Reise durch diese Kulturlandschaft. Das Projekt rief insgesamt Begeisterung hervor. Hier einige Meinungen:
»Man fragt sich: Arena – ein Kampfplatz? Was hat das mit der Orgel zu tun? Es bedeutet ein glückliches, rundes Erlebnis mit einem der besten Organisten für das Projekt Offene Kirchen und für ein Publikum, das aus Faszination in einen Sog gerät. Wir waren glückliche Genießer der OrgelArena 2005, Eindrücke, die in unserer Region so selbstverständlich möglich waren, als hätten wir eine Kultur- und Bildungsreise gebucht. Anneliese und Harald Seime, Vierzehnheiligen
»Die psychische und physische Leistung verdient meinen hohen Respekt. Ich bewundere auch Grünerts Fähigkeiten, mit den äußeren Gegebenheiten der einzelnen Orgeln, die er ja nur von der Disposition her kannte, fertig zu werden.« Hans-Georg Fischer, Kantor i. R., Kahla
»Es war mir eine große Ehre, zusammen mit Herrn Grünert, der nicht nur ein hervorragender Solist, sondern auch ein einfühlsamer Begleiter ist, zu musizieren. An dieses Konzert werde ich noch lange mit Freude zurückdenken.« Manfred Röse, Trompeter und Organist, Göschwitz
… Dass die Konzerte fast alle in übervollen Kirchen stattfanden, spricht für Ihre Kunst, die frohe Botschaft den Menschen durch die Musik nahe zu bringen. Dafür danken wir Ihnen von ganzem Herzen.« Superintendent Diethard Kamm, Jena, im Abschlusskonzert
Und Matthias Grünert selbst? »Ich bin gern unterwegs und mich freut der feste Zuhörerkreis, der sich hier gebildet hat. Die Tage erlaubten mir, in komprimierter Form höchst unterschiedliche Instrumente kennenzulernen.«
Glaube und Heimat 14.08.2005
…Was anmutet wie eine der heutigentags inflationären Rekordjagden, war ein Kunsterlebnis der Extraklasse und wohl eher der Idee und dem Engagement der Organisatoren und der unbändigen Spielfreude des Organisten geschuldet. Ein wesentlicher Grund dafür, dass sich jemand einer solchen Strapaze unterzieht, ist darin zu suchen, dass Erfahrungen und Fertigkeiten eines Organisten auch mit Anzahl und Verschiedenartigkeit der gespielten Instrumente wachsen. Welche Herausforderung also, sich innerhalb von 4 Tagen die Orgellandschaft einer ganzen Region zu erschließen. Da bleibt vom Nimbus einer Rekordjagd nicht viel übrig.
Wer nicht nur das 37. Konzert besucht hat, kommt nicht umhin, dem Organisten ein untrügliches Gespür dafür zu bescheinigen, welche Kompositionen einem Instrument zumutbar sind und welche nicht. Die Bach-Kompositionen für das Abschlusskonzert in der Schillerkirche waren sämtlich trefflich gewählt und stießen in keiner Weise an Grenzen.
…Entgegen der Rezension sei allen Musikfreunden, denen der Besuch dieses Konzertes nicht vergönnt war, versichert, Bachs d-moll-Toccata bildete den gelungen Abschluss der OrgelArena 2005, sauber gespielt mit klar verfolgbaren Stimmen, in einer rasanten Virtuosität vorgetragen, die man bei diesem Stück eher selten hört, von trockenen Klängen keine Spur! Möglicherweise war nicht jeder Beitrag geeignet, den Literaturkenner zu begeistern, den Musikliebhaber jedoch allemal. Von welcher Art Literatur ist überhaupt die Rede, wo es um Beurteilung der Interpretation, des Klangerlebnisses geht? Oder handelt es sich beim Rezensenten um einen derart versierten Musiker, dass sich ihm beim Ablesen vom Notenblatt die Musik bereits im Kopf erschließt? Man mag es kaum glauben….
OTZ 11.8.2005
OrgelArena 22. bis 25.9.2006 in Saalfeld/Rudolstadt
Ein Stück Frauenkirche zu Hause
Bildunterschrift: Begegnung im Hause Mordas in Saalfeld, Siegfried (links) und Hannelore Mordas im Gespräch mit dem Kantor der Dresdener Frauenkirche Matthias Grünert.
OTZ Saalfeld 23.9.2006
15. -17. Juni 2007 Mühlhausen/Thüringen
Das kam an
Wenn man so viele Kinder und Jugendliche ganz unterschiedlichen Alters in die große Marienkirche schickt, dass einige stehen, andere es sich auf Steinstufen bequem machen müssen – kann das gut gehen? Gestern Nachmittag ging es sogar sehr gut, und am Ende gab´s einen riesigen, lautstarken Applaus, als der letzte Akkord des Radetzkymarsches im Kirchenschiff verhallte.
MÜHLHAUSEN. Es war ein bedeutender Gedenktag: Gestern vor genau 300 Jahren erhielt der 22-jährige Johann Sebastian Bach seine Bestallungsurkunde in Mühlhausen. Das spielten Schüler des Evangelischen Schulzentrums in einer kurzen Szene nach. Bach nahm das eingerollte Dokument entgegen – und gleich noch einen Beutel voller klingender Geldstücke. Es war eine gute Idee, nicht gleich mit dem Orgelkonzert zu beginnen, sondern erst einmal Schüler auftreten zu lassen. Die Schüler sangen Musik von Bach solistisch und im Chor, sie spielten auf dem Keyboard und auf der Geige. Als die volkstümliche Melodie aus der Bauernkantate erklang („Wir geh´n nun, wo der Dudelsack in unsrer Schenke brummt“), war von vielen schon das Gefühl der Fremdheit der Musik gewichen. Was dann kam, war nicht von Bach. Aber es war sehr gut mit der romantischen Sauer-Orgel zu praktizieren. Matthias Grünert, Kantor an der Dresdner Frauenkirche, hatte in seinen Orgelmarathon – 25 Konzerte an 24 Orgeln an drei Tagen – auch ein Konzert für Kinder und Jugendliche einbezogen. Freilich blieb dem jungen Publikum nichts anderes als das Hören. Denn was in einer kleinen Dorfkirche klappt – und dort praktiziert es Grünert auch -, das funktioniert in einer großen Kirche nicht: Mit den Zuhörern in einen Dialog treten, ihnen die Eigenarten der Königin der Instrumente nahebringen. Grünert bedauert das – aber was will man machen …Für sein Programm hatte sich der Künstler Musik mit Ohrwurmqualität ausgesucht. Trotzdem blieb die Skepsis bis zum Beginn des Konzerts: Was nützt es, bekannte Melodien zu spielen, wenn sie beinahe jeder kennt – aber nicht unbedingt diese jungen Konzertbesucher? Wenn die Zuhörer nicht gerade aus Familien kommen, in denen Musik von Schubert bis Tschaikowski zur akustischen Kulisse gehört – woher sollen sie diese Musik kennen? Na gut, in einigen Schulen gibt es ja noch ausgebildete Fachlehrer für Musik. Aber sie können nur in beschränktem Umfang junge Menschen mit derartiger Musik vertraut machen. Lag es nun an der eingängigen melodisch-rhythmischen Struktur, dass es gleich bei der ersten Bearbeitung – einem Schubert-Marsch – mucksmäuschenstill in den Bankreihen war? Übrigens waren´s alles Bearbeitungen, die Grünert zum Besten gab, kein einziges Originalstück für Orgel. Aber alles 19. Jahrhundert. Eine Pastorale von Joseph Gabriel Rheinberger, der „Tanz der Schwäne“ aus Peter Tschaikowskis Ballett „Schwanensee“, „Der Schwan“ vom Franzosen Camille Saint-Saëns. Hier hatte der erwachsene Mithörer Sorge: Wird das bis zu den Herzen der Kinder vordringen – oder werden die leisen Klänge im Gemurmel untergehen? Nein, die Kinder und Jugendlichen, die meisten zumindest, versuchten, dem Verlauf der Melodien zu folgen, die Klänge auf sich wirken zu lassen. Ja, und dann kam der Knaller: Johann Strauß´ Radetzky-Marsch. Mal nicht für Orchester. Das ging los! Als Matthias Grünert geendet hatte, brach lautstarker Jubel los. Sage bitte niemand, die „heutige Jugend“ wisse mit traditioneller Musik nichts anzufangen. Man muss es nur richtig anstellen.
Bildunterschrift: KÖNIGINNENKLÄNGE: In seiner “OrgelArena” gab Matthias Grünert vor Kindern und Jugendlichen ein Konzert an der Sauer-Orgel in der Marienkirche.
Dieter Albrecht, TA 16.06.2007
Mühlhausen huldigt dem jungen Bach
Bach macht süchtig.
300 Jahre nach seiner Ankunft in Mühlhausen feierten ihn die Stadt und die Region mit einem dreitägigen Orgel-Marathon, sie feierten den ganzen Bach und besonders den jungen, nicht pflegeleichten Divi-Blasii-Organisten, der seine Stelle in Mühlhausen am 15. Juni 1707 angetreten hatte.
MÜHLHAUSEN. Das Festkonzert in der riesigen Divi Blasii-Kirche war so überlaufen, dass es improvisierte Sitzplätze nur noch auf den Säulenfüßen im hinteren Teil der Kirche gab. Hunderte Zuhörer erlebten eine Stunde Bach-Orgelwerke, darunter einige seiner schönsten Choralbearbeitungen und die Toccata und Fuge in d-Moll. Selbst wenn sie nicht von Bach sein sollte – an einem solchen Tag durfte die Toccata einfach nicht fehlen. Für Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, war die „OrgelArena“ in und um Mühlhausen die vierte ihrer Art. Seit 2004 gestaltet er den Marathon in wechselnden Regionen Thüringens, der Zuspruch war auch diesmal groß. Zwischen Friedrichsrode und Bad Langensalza, zwischen Marolterode und Lengenfeld unterm Stein gab Grünert 25 Orgelkonzerte, alle bei freiem Eintritt, alle mit Bachs Werken oder mit Musik, die unter direktem Einfluss Bachs entstand. Nicht wenige Bach-Fans reisten von Konzertort zu Konzertort mit. Von Divi Blasii aus eilte Grünert ein paar Ecken weiter zur Marienkirche, wo er Werke von Liszt und Rheinberger spielte. Wer sich anschließend das spätromantische Rheinbergersche Klanggewölk aus den Gehörgängen spülen lassen wollte, konnte den Organisten um 23 Uhr zur Kornmarktkirche begleiten. Dort gab es noch einmal Bach pur. Unerreicht.
TA 17.06.2007 Von Charlotte SCHULZ
Zeit für kleine Wünsche
LANDKREIS (ak). Trotz kleiner Hindernisse wegen des Mammutprogramms quer durch den Kreis begeisterte Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, sein Publikum – und fand Zeit für persönliche Begegnungen. Hier war wirklich alles live: Mit kleiner Verspätung traf Matthias Grünert nach seiner Station in Kloster Zella zu seinem bereits vierten Konzert an diesem Tag an der Kirche in Bothenheilingen ein. Wenige Minuten blieben ihm, sich von Christiane Melzer, Katechetin aus Thamsbrück und mit den Macken der Schulze-Orgel vertraut, in die Geheimnisse des Instruments einweisen zu lassen. Spätestens beim letzten Stück von Nicolo Moretti hatte er das Publikum voll auf seiner Seite, das vor Begeisterung gar nicht mehr aufhören wollte zu klatschen. Und obwohl der Zeitplan ihn drängte, nahm sich der Kantor Zeit für Autogrammanfragen und die Gemeindemitglieder, die kurzfristig und liebevoll ein Büfett zusammengetragen hatten. Das war dann auch der Grund, dass Grünert ein paar Minuten später als erhofft an der Bad Langensalzaer Bergkirche vorfuhr. Endlich auf der Empore Platz genommen, riss dann auch noch ein Schnürsenkel an den Orgelschuhen – dennoch: das offene, freundliche Lächeln wich auch jetzt nicht aus dem Gesicht des 33-Jährigen. Von der Petersilieorgel, dem nach seinen Worten „romantischen Schinken“, war er so angetan, dass er sich sogar zu einer Zugabe hinreißen ließ. Bevor er wieder ins Auto stieg, um zu Konzert Nummer sechs von neun an diesem Abend zu fahren, erfüllte er noch einen Wunsch von Friedhelm Pusch, ehrenamtlicher Organist in der evangelischen Kirchgemeinde Langensalza: Grünert stellte die Register für sein am Wochenende anstehendes Orgelspiel ein. Und wem die musikalisch großartige und äußerst sympathische Begegnung zu kurz war, der hatte im Laufe der nächsten beiden Tage noch reichlich Gelegenheit, in großen und kleinen, berühmten und versteckten Kirchen der Gegend dem Kantor zu lauschen – oder ihn einfach zu begleiten, wie es etliche, zum Teil sehr weit gereiste Fans taten.Bildunterschrift: KONZENTRIERT: Matthias Grünert in der Bergkirche
TA 18.06.2007
Zauberhafte Bach-Orgel
Höhepunkt der jüngsten OrgelArena mit dem Dresdner Frauenkirchenkantor Matthias Grünert waren drei Konzerte in Mühlhäuser Kirchen. Von Dr. Uta ZIEGNER MÜHLHAUSEN.
Wenn man den Untersuchungen eines kalifornischen Instituts glauben darf, so spiegelt die Musik eines Komponisten auch die Sprachmelodie seiner Muttersprache wider. Ebenfalls versucht der der Sprachwissenschaft entliehene Aspekt der Semantik, die Bedeutungs-funktionen in der Musik zu bezeichnen. So gesehen, ist die Bundesdelegiertenversammlung des Vereins Deutsche Sprache am Veranstaltungswochenende der OrgelArena ein Ausdruck kultureller Symbiose. Wo der eine sich um die deutsche Sprache bemüht, versucht der andere, die pragmatischen Zeichen der Musik zu vermitteln. Matthias Grünert als Organist der OrgelArena türmte in drei Tagen 25 Konzerte in unserem Kreis auf. Höhepunkt war das Festkonzert zu Ehren Johann Sebastian Bachs in seiner ehemaligen Wirkungsstätte Divi Blasii. Wie der gebürtige Mühlhäuser Christoph Matschie in seinem Grußwort feststellte, ist eine Reise zu Bach auch eine Reise durch Thüringen. Dem Dank an Matthias Grünert, Kantor an der wiederaufgebauten Dresdner Frauenkirche, sowie an den unermüdlichen Projektleiter Karl-Heinz Kraass, Stadtrat von Weimar, schloss sich ein hervorragendes Orgelkonzert des Dresdner Gasts an. Matthias Grünert begann sein Bach-Konzert mit der Dorischen Toccata und Fuge, BWV 538. Vorbehaltlich vom Interpreten ausgewählt, ist dieses am italienischen Konzert orientierte Formenpaar eine Dechiffrierung des Instruments. Bach soll es bei einer Orgelabnahme in Kassel gespielt haben. Grünerts ausgezeichnete Lauftechnik ließ ein sehr rasches Tempo zu. Er akzentuierte die Themen, formierte die klanglichen Kontraste, machte die dreiteilige Toccata zu einer fröhlichen Exegese. Großräumig ging Grünert sodann die Fuge an; er bohrte die Themen gleichsam heraus, doch mit den freien Passagen verlor die Fuge schließlich am anfänglichen Tempo. Eigentlich sind die sechs Schübler-Choräle, genannt nach dem Notenstecher in Zella, kleine Charakterstücke. Sie deuten die Choraltexte bisweilen realistisch aus, sind auch pietistisch-gesangbuchartig oder nehmen formal die Mannheimer Schule vorweg. Es war einfach schön, wie Grünert seine Spitzentöne als kristalline Einwürfe markierte. In der Triosonate Es-Dur, BWV 525, versteckte Grünert ein wenig Mozart. Das lag an dem wohlproportionierten Allegro mit seinen spielerischen Episoden und den unendlichen Girlanden, die die ganze barocke Registervielfalt zeigten. Abschließend blieb der Dresdner Organist beim anfänglichen d-Moll: Mit der bekannten Toccata und Fuge, BWV 565, leuchtete er noch einmal das Stimmenangebot der zauberhaften Bach-Orgel aus und regte den Appetit an aufs anschließende Konzert in St. Marien.
Bildunterschrift: DORISCHE TOCCATA: Überaus markant sind die absteigenden Skalen im Pedal.
TA 20.06.2007
Musiker der Extraklasse
Die OrgelArena in Mühlhausens Kirchen war ein Orgelmarathon für Matthias Grünert, den Kantor der Dresdner Frauenkirche: Insgesamt gab er an drei Tagen 25 Konzerte in der Kreisstadt und der Region. Von Dr. Uta ZIEGNER MÜHLHAUSEN.
Franz Liszts meistgespieltes Orgelwerk, sein „Präludium und Fuge über B-A-C-H“, nahm das Thema des soeben verklungenen Werkes von Johann Sebastian Bach als zartes Zitat wieder auf. Von der Divi-Blasii-Kirche wanderte zum zweiten Konzert an diesem Abend eine nur leicht dezimierte, aber nicht weniger begeisterte Zuhörerschar in die Mühlhäuser St.- Marien-Kirche. Orgelmarathon möchte man diese Veranstaltungsserie von 25 Konzerten in drei Tagen noch nennen, zumal, wenn der Gast – Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkriche – drei Konzerte an einem Abend bestreitet. Nach dem umjubelten Festkonzert in der Divi-Blasii-Kirche also die Fortführung in St. Marien zu spätabendlicher Stunde. Der großen romantischen Orgel entsprechend das Programm: Franz Liszt und Joseph Gabriel Rheinberger. Die berühmtesten Halbtonschritte der Musikliteratur versetzt Liszt zunächst um eine Terz, um sie dann in seiner Apotheose an Bach original fanfarenhaft erklingen zu lassen. Matthias Grünert nutzte alle Spielhilfen und klanglichen Möglichkeiten der großen Sauer-Orgel in seiner vitalen Darstellung. In einem registermäßig düster umwölkten sinfonischen Satz reflektierte er das neue Bachbild des 19. Jahrhunderts. Joseph Gabriel Rheinbergers 20. Sonate, F-Dur, stand als zweites und letztes Werk auf dem Programm in der Marienkirche. Der Liebhaber großer mechanischer Kegelladenorgeln setzte auch in seiner letzten Komposition (gestorben 1901) barockes und romantisches Material ein. In einem blendenden Diskurs durchmaß es Grünert und ließ seine Hörer in eine völlig andere Klangwelt eintauchen. Wer nun immer noch Lust auf Bach hatte, wurde zu einer Soireé in der Kornmarktkirche empfangen. Grünert wechselte hier die Orgelbank mit dem Klaviersessel und spielte aus der „Kunst der Fuge“, BWV 1080 vier Contrapuncti von Bach. Das Jahrtausendwerk einer Epoche fasziniert immer wieder durch seine Prägnanz, auch wenn dem Interpreten das Licht gedimmt worden war. Doch der Musiker par excellence aus Dresden wurde auch damit fertig! Die Gesangszugaben mit May-Britt Rabe aus Rudolstadt waren Cesar Francks „Ave Maria“ sowie Umberto Giordanos Ohrwurm „Caro mio ben“.
TA 21.06.2007
OrgelArena 15.-17. Juni 2007 Oberfranken
Rastloser Virtuose:
14 Konzerte an zwei Tagen gab der Kantor der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert, im Raum Coburg, Kronach und Lichtenfels. FOTO: ARNOLD
Am vergangenen Wochenende kam die „OrgelArena 2007“ in die Landkreise Coburg, Kronach, Lichtenfels. Eine innovative Idee, ausgeführt von einem begnadeten Künstler, Matthias Grünert aus Dresden, wurde von Musikliebhabern mit großem Interesse genossen. An zwei Tagen erklangen in 14 Kirchen weit über 50 Meisterwerke der Orgelliteratur.
„Den Gedanken des Aufbruchs von der Dresdner Frauenkirche durch die Region tragen“ – dieses Anliegen der OrgelArena dürfte für den Kantor der Dresdener Frauenkirche, Matthias Grünert, ein wahrer Marathonlauf gewesen sein. Sieben halbstündige Orgelkonzerte am Tag zu geben, dazwischen die Fahrt zum nächsten Spielort zu absolvieren, einen Parkplatz zu ergattern, die Orgel kennenzulernen, um dann in Topform die großen Meisterwerke der Orgelliteratur zu präsentieren, stellt schon sehr hohe Anforderungen an einen Musiker. Diese selbstgestellte Aufgabe, es sei vorweggenommen, erfüllte Grünert mit größter Bravour.
Großartige Orgelwerke von Johann Sebastian Bach und Dietrich Buxtehude prägten alle Konzerte. Auf die Frage, wieso er gerade jene beiden Komponisten gewählt habe, erklärte der 1973 in Nürnberg geborene Künstler, dass gerade in unserer Region die barocken Orgeln zu finden seien, die für barocke stilgerechte Interpretationen sich förmlich anböten. Zudem gedenke man dieses Jahr des 300. Todesjahrs des Lübecker Organisten Buxtehude.
Am Samstag früh in der überfüllten Stadtkirche St. Georg in Neustadt/C. und am Sonntagabend in der Kreuzbergkapelle in Kronach, dazwischen halbstündige Konzerte in Gauerstadt, Unterlauter, Coburg, Sonnefeld, Watzendorf, Rothenberg, Kloster Banz, Lichtenfels, Lahm, Bad Staffelstein und Weismain: Unter den Händen und Füßen von Matthias Grünert erstrahlten die heimischen Orgeln in verschiedenartigsten Klangfarben.
In der Coburger Heiligkreuzkirche erklang zu Beginn die Triosonate Es-Dur, BWV 525, von J. S. Bach. Im ersten Satz hätte die Stimmführung etwas mehr Strenge geboten, im Adagio hörte man herrlich dezente Registrierung, meditative Ruhe ergoss sich in den Kirchenraum, der Schlusssatz kam im frischen Tempo daher, die musikalische Struktur deutlich nachvollziehbar. In Choralvorspielen von Dietrich Buxtehude, unterstrich der Organist figurativ-rezitativische und choralartige Passagen mittels Einsatz von Klangmaterial.
Dann aber brach ein Sturm los. Fantasie und Fuge g-Moll, BWV 542, von J. S. Bach entfaltete die gesamte Klangpalette, die eine Orgel zu offenbaren hat. Virtuose Läufe, kleingliederiges Motivspiel, spannungsreiches harmonisches Labyrinth, gespickt mit Dissonanzen, quälend suchend die Auflösung , endigend im ersehnten Dur. Dann die Fuge, sie ist ein Prüfstein jedes Organisten. Klar strukturiert verliert sich nichts. Weder Kontrapunkt noch Thema kommen unpräzis daher. Vielmehr waltet eine klarer Kopf des Interpreten über alle Verästelungen und Verzahnungen. So entsteht ein komplexes Gesamtwerk.
Das Konzert in der voll besetzten Stiftskirche von Kloster Banz begann mit einem Präludium von Buxtehude. Nach kurzem Intro lösten sich in einer dreistimmigen Fuge durch gekonnte Registrierung in Frage und Antwort motivisches Spiel ab.
Sofort fiel sehr angenehm das dunkle Timbre des Bassbereichs und der getönte Klang der hohen Lagen der Orgel auf. In J. S. Bachs Choralvorspielen „Dies sind die heiligen 10 Gebote“, BWV 678, und „Vater unser im Himmelreich“, BWV 682, stand introvertiertes, kontemplatives und demutvolles Spiel im Vordergrund, sodass die Musik als Mittel zur Besinnung und Einkehr diente. Keine Eigendarstellung, keine Aufdringlichkeiten, keine persönlichen Affekte erlaubte sich der Interpret, die Stimmführung, schon fast Stimmebenen zu nennen, gelang einfach in himmlischer Ruhe. Engste musikalische Schritte, Halbtöne, emanzipieren sich im zweiten Choralvorspiel, entschweben dem Kirchenraum sich zu großartigen Welten aufschwingend.
Matthias Grünert verstand es bis ins allerkleinste musikalische Atom vorzudringen. Dem Klangzauber der Banzer Orgel wurde überreicher Tribut gezollt.
Als letztes erklang das Präludium und Fuge h-Moll BWV 544, in dem rascheste Skalen virtuosen Spielwitz verrieten. Sehr gut in seiner Struktur, organisch zusammengehalten erklang auch die Fuge, im etwas gemäßigteren Tempo, da, wie Matthias Grünert berichtete, sonst die Orgel aufgrund der Mechanik nicht mitmachen würde.
Die Biographie Grünerts zeigt, dass der Preisträger verschiedener Orgelwettbewerbe sehr viel Konzerterfahrung im In- und Ausland gesammelt und zahlreiche CD-Aufnahmen, darunter das Orgelgesamtwerk J. S. Bachs, eingespielt hat. Konzerte auch als Dirigent und Cembalist dokumentieren seine musikalische Vielseitigkeit. Seit 2005 ist er Kantor an der berühmten Frauenkirche zu Dresden, wo er einen 120-köpfigen Chor sowie einen 30-köpfigen Kammerchor gründete. Für große musikalische Projekte also ideale Voraussetzungen.
Wie kam er eigentlich auf die Idee, solch ein Vorhaben wie die OrgelArena in die Tat umzusetzten? Es begann 2004 im thüringischen Eichsfeld, wo er zunächst mit einigen Bekannten auf die Wanderschaft ging um die dortigen Orgeln im Rahmen einiger gezielter Konzerte vorstellte. Das überaus erfolgreiche Unterfangen entwickelte sich seitdem zu einem kulturellem Großereignis, das nächstes Jahr im Vogtland und übernächstes Jahr in Düsseldorf stattfinden wird.
Die Disposition der Orgeln kannte Matthias Grünert im Vorfeld nur auf dem Papier. So musste er sich zunächst abstrakt ein Bild vom Klangvermögen jeder Orgel bilden. Danach wählte er auch die Stücke, Interpretationen und Tempiwahl aus. Er schwärmte besonders von der Orgel in Banz, aber auch in Lahm und Unterlauter seien hervorragende Instrumente anzutreffen.
Lob zollte er der Organisation, die Idee der OrgelArena sei allerorts auf großes Interesse gestoßen, der Besucheransturm war mächtig. Aber, so fügte der sympathische Künstler lächelnd hinzu, er sei volle Kirchen zu Hause in der Frauenkirche ja gewohnt.
Lobend zu erwähnen bleibt das sehr gut illustrierte Programmheft mit der Beschreibung einer jeden Orgel. Übrigens, der Eintritt zu allen Konzerten war frei.
05.07.2007 Coburger “Neue Presse”
Matthias Grünert, Frauenkirchenkantor aus Dresden, gestaltete am Wochenende einen Konzertmarathon mit 14 Auftritten in den Landkreisen Coburg, Lichtenfels und Kronach. Im Mittelpunkt standen Werke von Johann Sebastian Bach und Dietrich Buxtehude. Von Jochen Berger
Coburg – Organisten sind für gewöhnlich unsichtbare Diener ihrer Kunst. Sie verrichten auf harten Orgelbänken ihren liturgischen Dienst und müssen sich auch bei Konzert oft mit einer kleinen Schar von Kennern begnügen, wenn sie mit Hilfe von Manualen und Pedal Tausende von Orgelpfeifen majestätisch zum Klingen bringen. Zum Star-Kult, so will es scheinen, taugt ihr Metier viel weniger als jenes ihrer Kollegen, die sich mit den 88 Tasten der Flügelklaviatur begnügen. Dass freilich auch Organisten ihre Fans haben können, bewies an diesem Wochenende der zweitägige Konzertmarathon, den Frauenkirchenkantor Matthias Grünert mit seinen jeweils halbstündigen Auftritten in 14 Kirchen in den Landkreisen Coburg, Kronach und Lichtenfels absolvierte.
Schon das Auftaktkonzert am Samstag in St. Georg in Neustadt lockte bemerkenswert viele Zuhörer in die Stadtkirche – darunter weit gereiste Orgelenthusiasten, die selbst den Weg aus Mainz und Osnabrück nicht scheuten, um Grünerts Kunst zu erleben. Schon der flüchtige Blick ins dickleibige Programmheft ließ ahnen, dass diese „OrgelArena“ titulierte Reihe mit ihrer programmatischen Konzentration ausschließlich auf Bach und Buxtehude eine künstlerische Herausforderung, aber auch ein physischer Kraftakt werden würde. Grünert freilich kommentierte seinen musikalischen Marathon scheinbar ganz selbstverständlich so: „Das macht doch Spaß“. Dass er die meisten Orgeln zuvor nur mit einer lapidaren technischen Beschreibung ihrer Disposition kannte – für Matthias Grünert war dies kein ernsthaftes Problem, auch dann nicht, wenn einzelne Orgeln durchaus ihre Tücken zeigten und beispielsweise Manualkoppeln dann und wann unangekündigt ihren Dienst kurzzeitig verweigerten.
An der Hofmann-Orgel in Neustadt demonstrierte Grünert gleich zum Auftakt, dass er ein technisch stets souveräner Organist ist, der auch ganz unverkrampft Freude am brillanten und virtuosen Spiel besitzt. Das galt für Bachs a-Moll-Präludium mit seiner heiklen, auch in raschem Tempo souverän gemeisterten Fuge ebenso wie für einen regelrechten „Reißer“ wie die d-Moll-Toccata, die Grünert mit schier unverbrauchter Frische und mitreißendem Schwung interpretierte.
In ihrer Gesamtheit wurde diese OrgelArena zu einer klingenden Rundreise, die die Begegnung mit einer Fülle historisch interessanter Orgeln ermöglichte – von der markanten zweimanualigen Haueis-Orgel in Gauerstadt bis zur betont kraftvoll intonierten Herbst-Orgel der Lahmer Schlosskirche.
Grünerts geschickte Werkauswahl präsentierte den Zuhörern einen facettenreichen Querschnitt durch das Orgelwerk Buxtehudes und Bachs. Zum 300. Todestag Buxtehudes wurde dabei am Beispiel von Präludien, Canzonen, Toccaten und Orgelchorälen auf sehr eindringliche Weise hörbar, warum dieser Organist und Komponist einst den jungen Bach nachhaltig beeindruckte wie beeinflusste. Buxtehudes Fähigkeit, die Orgel kontrastreich in ihrer Klangfülle zur Geltung und die Pedalstimme zur Entfaltung zu bringen, wurde dabei in stets lebendiger Wiedergabe erlebbar.
Aber auch an Meisterwerken Bachs demonstrierte Grünert seine intensive Gestaltungskraft, und seine Fähigkeit, gleichermaßen ausdrucks- wie spannungsvoll zu musizieren. Das Publikum jedenfalls ließ sich allerorten mitreißen von seiner Orgelkunst und erklatschte sich – allem Termindruck bei diesem Orgel-Marathon zum Trotz – sogar da und dort noch eine bereitwillig gewährte Zugabe.
Coburger Tageblatt 02.07.2007
Mit Bach zum Start; Zuhörer jubeln
OrgelArena: Frauenkirchenkantor Matthias Grünert läuft sich warm – Konzertmarathon bis Montagabend VON LUTZ KIRCHNER
Plauen. Start und Sieg: Matthias Grünert, Kantor an der Dresdener Frauenkirche, hat gestern Mittag in der Plauener Johanniskirche drei nicht allzu lange Werke von Johann Sebastian Bach erklingen lassen und damit wie im Handumdrehen die Herzen der Vogtländer gewonnen. Kraftvoll, klar und exakt, mit Gefühl und Gestaltungsvermögen, musizierte er an der Jehmlich-Orgel. Die meisten der etwa 500 Gäste hatten sich danach wie ein Mann erhoben: Sie applaudierten im Stehen, jubelten und wollten scheinbar nicht mehr aufhören.
„Ach, das ist heute ganz entspannt“, sagte Matthias Grünert, 1973 in Nürnberg geboren, über die erste Etappe der gestern gestarteten Konzertserie „OrgelArena“. Die Reihe wird ihn durch das thüringische und sächsische Vogtland führen. Neuensalz und Greiz waren gestern noch dran. Bis zum Finale am Montag, 20 Uhr in der Salvatorkirche Kürbitz folgen weitere 37 Stationen. Das Programm am Sonntag falle kräftezehrender aus, schätzte Grünert gestern: „Das sind zehn Stationen“, und die zu spielenden Kompositionen: „Richtige Kracher, Gipfelwerke der Romantik drunter!“
Für jede einzelne Station der fünften Auflage des Konzertmarathons habe er mindestens ein Schwergewicht eingepackt, „so dass ich die große Kraft und Klangvielfalt der Instrumente zeigen kann“.
Die Toccata und Fuge F-Dur, BWV 540, ist gestern so ein Werk gewesen. Die wuchtige Schöpfung eröffnete das Rennen. Grünert hatte dabei scheinbar alle Register der 1965 erbauten Jehmlich Orgel mit den etwa 3500 Pfeifen gezogen. Dass er auch anders konnte, bewies er danach mit der Partita über „0 Gott, du frommer Gott“, BWV 767. Das langsamere, meditativ und wunderschön melodisch angelegte Stück wirkte so luftig, als sei es in schimmernde Pastellfarben und Plauener Spitze gehalten. Ebenso reizvoll das Concerto a-Moll, BWV 593, mit dem eigenartig pumpenden Rhythmus im mittleren Satz. Es erklang zum Schluss des gestrigen Auftakts. „Die im neobarocken Stil gehaltene Jehmlich-Orgel ist bestens für Bach geeignet“, schwärmte Grünert, und: „Es ist immer schön, ein so authentisches Instrument zu spielen.“ Es ist Ende der 1990er Jahre umfangreich saniert worden.
Viele ältere Besucher hatten im weiten Kirchenraum Platz genommen. Jüngere stahlen sich in der Mittagspause vom Job weg, um dabei sein zu können. Die Freunde der stets Donnerstag ab 12.05 Uhr in der Kirche erklingenden Orgelmusik waren sowieso da. Nicht alle konnten bis zum Finale bleiben. Mancher stürzte sich noch davor mit der Aktenmappe unterm Arm wieder ins Tagwerk. „Matthias Grünert, das Vogtland verehrt sie“, hatte Tassilo Lenk (CDU), Vogtlands Landrat, zuvor noch in seinem Grußwort zum Auftakt der Konzertserie hoch zur Orgelempore gerufen. „Dass die Vogtländer ihr Spiel lieben, zeigt die voll besetzte Kirche. Kommen sie oft wieder“, fügte Plauens Bildungsbürgermeister Uwe Täschner (parteilos) seinerseits mit Blick nach oben hinzu.
Bildunterschrift: Matthias Grünert, Kantor an der Dresdner Frauenkirche, gestern beim Start des Orgelmarathons in der Plauener Johanniskirche
Freie Presse 12.9.2008
Ein glanzvoller musikalischer Auftakt Johanniskirche Plauen: Auftakt zum Orgelmarathon mit Frauenkirchenkantor Matthias Grünert
Plauen – Eine Konzertreihe mit 40 Orgelkonzerten in fünf Tagen mit ständig wechselnden Programmen – das ist ein Markenzeichen von Matthias Grünert, dem Kantor an der Dresdener Frauenkirche. Seine hohen Ansprüche an sich selbst verhalfen ihm auch im Orgelspiel zu überragenden künstlerischen Fähigkeiten, so dass er scheinbar mühelos und mit großer Spielfreude die schwierigsten Werke interpretieren kann.
Die OrgelArena Vogtland begann im sächsischen Teil in Plauen. Dort fanden sich zur Eröffnung am Donnerstag mittags um 12 Uhr etwa 400 Besucher in der Johanneskirche ein, um das erste Orgelkonzert zu hören. Einige waren sichtlich in ihrer Mittagspause heran geeilt, eine ganze Reihe von Besuchern früherer OrgelArenen kam unter anderem aus dem Eichsfeld, Westfalen, Stuttgart, Bayern und anderen Orten.
Als Vertreter des Freistaates Sachsen eröffnete Staatssekretär Erhard Weimann die Konzertreihe und wies ausführlich auf deren hohe kulturelle Bedeutung für das sächsische Vogtland hin. Leider war er akustisch kaum zu verstehen, die Zuhörer lechzten nach der Orgelmusik und baten energisch um Beendigung der Rede.
Der Landrat des Vogtlandkreises, Dr. Tassilo Lenk und der Bürgermeister der Stadt Flauen, Uwe Täschner, hatten für das musikfreudige Publikum mehr Verständnis; sie fassten sich mit ihren Begrüßungen kurz.
Matthias Grünert begann seine OrgelArena mit Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge F-Dur, einem Werk, das in seiner Größe dem Beginn und auch dem Raum entsprach. Grünert interpretierte das zweiteilige Präludium in faszinierender Klarheit, sowohl im Manualteil als auch bei den großen Pedalsoli. Die etwas im Schatten der langen Toccata stehende Fuge wurde von ihm durch differenzierte Registrierung und Artikulation der Stimmen in der Bedeutung gehoben. Die Interpretation der Partita „O Gott, Du frommer Gott“ gab Grünert die Möglichkeit, seine klangliche Fantasie für die Differenzierung der einzelnen Variationen des Chorathemas einzusetzen. In heller barocker Registrierung erklangen figurierte Teile, weich und in wunderschönem Legato die melodisch – linearen Varianten. Mit dem Concerto a-Moll stand eine Komposition Bachs am Schluss, die barocke Virtuosität mit dem Charakter der Konzerte des Barock zu einem fröhlichen Opus verbindet, das Grünert transparent und virtuos interpretierte. Es war ein gelungener Start, der schon mit diesen drei Werken auf die Vielfalt des Programms der Orgelarena hinwies.
Irmengart Müller-Uri
Bildunterschrift: Vater und Sohn. Wo, wenn nicht in Plauen, hätte ein solches Zusammentreffen wie hier von Matthias Grünert (rechts) und seinem Vater, noch eine so besondere Bedeutung. Foto: Irmengart Müller-Uri
Vogtland-Anzeiger 12.9.2008
Popstar Grünert zelebriert die OrgelArena
Bildunterschrift: Menschen, so weit das Auge reicht. Sie lauschen, sind hingerissen und feiern diesen von Autogramm-Jägern umringten Orgel-Spieler nach dem letzten Akkord wie einen Popstar. Wenn das so weitergeht, schlägt dieser Mann alle Rekorde. Matthias Grünert, Frauenkirchen-Kantor, beginnt heute Teil drei seines heroischen Werks punkt 10 Uhr in der Neumarker Kirche. Es ist die 14. Station der 40 Konzerte in fünf Tagen umfassenden Vogtländischen OrgelArena, die dem einstigen Greizer Stadt-Kantor bei seinem Heimspiel am Donnerstagabend vor der Greizer Stadtkirche an die 1000 Gäste bescherte. Grünert spielte auf der weltweit einzigsten Lkw-Orgel eine runde halbe Stunde Stücke von Schubert, Tschaikowski, Offenbach, Händel und, natürlich, Bach. Bei der berühmten Toccata war es so mucksmäuschenstill, im Amphi zwischen Kirche und Bibliothek, dass man fast den Flügelschlag des Turmfalken hören konnte, der über der Arena kreiste. Auch sein scharfes Auge hat erkannt: Da spielt einer Orgel, und die Massen liegen ihm zu Füßen.
OrgelArena endet heute im Sächsischen
Weida (bas). Viel Zeit ist nicht. „Wie viel haben wir noch?“, fragt Matthias Grünert. „Drei Minuten“, sagt Weidas Kantor Patrick Kabjoll und zeigt auf die Funkuhr, die neben den Orgeltasten in der Marienkirche steht. Grünert ist normalerweise Kantor in der Dresdner Frauenkirche, seit Donnerstag aber auf Konzertreise durchs Vogtland.
Es ist zehn vor zwölf, als Grünert vor der Weidaer Kirche erscheint. Schon mehrere hatten nach ihm gefragt, auch Kantor Kabjoll erwartete ihn schon sehnsüchtig. Die Kirche ist gut gefüllt, bloß der Hauptdarsteller noch nicht da. Nervös wird aber keiner. Die OrgelArena, die heute in Kürbitz ihr Ende findet, ist eine organisatorische Meisterleistung.
Die Tour von Orgel zu Orgel ähnelt einem Marathon – zwar auf fünf Tage verteilt, dafür aber auch mehr als die für solche Läufe üblichen 42 Kilometer lang. Grünert tingelt durchs Vogtland bis hin nach Gera. Beinahe im Stundentakt sitzt der Dresdner an einer anderen Orgel. Vor der in Weida standen am Sonntag schon als Nummer 23 die Orgel in Sorge-Settendorf und Berga auf dem Programm, danach noch die in Sirbis, Wünschendorf, Ronneburg und Gera. Dort sind es gleich vier Kirchen, durch die Grünert noch tourt, ehe am späten Abend der letzte Beifall erklingt. Viel Zeit bleibt dazwischen nicht.
Vier Minuten sind vergangenen, als Grünert in der Weidaer Marienkirche in der ersten Etage ankommt. Er packt die Noten aus, wechselt die Schuhe – und erspäht bekannte Gesichter. Die Zeit für ein kurzes Schwätzchen muss sein. Auch wenn die Uhr tickt.
Zeit zum Einspielen nimmt er sich nicht, nur ein paar Einstellungen werden überprüft. „Zum Üben ist keine Zeit“, sagt er. Die Weidaer Orgel sei kein Neuland mehr für den Dresdner. „Vor gut zwei Jahren hat er hier schon mal ein Konzert gegeben“, erinnert sich Kantor Patrick Kabjoll. Dass Grünert aus dieser Zeit nicht mehr jede Feinheit über das Instrument, das 1932 erbaut wurde, weiß, überrascht nicht. Schließlich sind es allein 40 Spielstätten, die Grünert am Ende der OrgelArena 2008 bespielt haben wird.
Längst ist der Werbeslogan verschwunden, der Grünert damit anpries, dass er auf Orgeln zum ersten Mal spielt. Es liegt in der Natur der Veranstaltung, die seit 2004 jährlich stattfindet, dass die bislang von ihm nicht bespielten weniger werden. Und so hat sich eben Routine eingeschlichen.
Hektik ist der Ruhe gewichen beim Orgelmarathon. Dann stört es auch nicht, dass nur noch wenig Zeit ist, bis die nächste Aufführung stattfindet. Auch in Weida ist an diesem Sonntag die Uhr in aller Ruhe herunter getickt. Grünert läuft noch einmal ein Stückchen, hört sich die Eröffnungsworte an und nimmt dann an der Orgel Platz.
OTZ 14.9.2008
Der Maestro spielt sich in einen Rausch
OrgelArena Vogtland: Frauenkirchenkantor Matthias Grünert begeistert Publikum in Neumark und Reichenbach, in Rodewisch und Limbach
Gestern Abend ist die OrgelArena mit 42 Konzerten in fünf Tagen zu Ende gegangen. Tausende Zuhörer und Zuschauer haben den Dresdner Frauenkirchen-Kantor Matthias Grünert erlebt und gefeiert. Die „Freie Presse“ hat den Meister ein Stück des Weges begleitet. VON VOLKER MÜLLER Reichenbach. Sanfte Bässe lassen die Rodewischer Petrikirche weit werden. Über ihnen perlen verführerisch ins Ohr gehende Tonfolgen. Und dann ist da noch eine warme, helle Stimme, die zu dem Ganzen ein eigenes Lied anstimmt. Einerseits scheint die leuchtende Melodie nah zu sein, andererseits ist sie auch irgendwie meilenweit von allem entfernt. Das Stück heißt „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ und stammt aus dem Orgel-Büchlein von Johann Sebastian Bach. Die Weltferne dieser Musik, will sie die Größe Gottes vor Ohren führen oder kündet sie vom Stolz und der bekannten Unnahbarkeit ihres irdischen Schöpfers? Spielt vielleicht beides eine Rolle?
Wer wollte, konnte allein am Samstag im Vogtland in neun Kirchen über dergleichen Fragen ins Grübeln kommen. Mit dem 34-jährigen Frauenkirchen-Kantor Matthias Grünert saß einer an den Spieltischen der Orgeln, der seinen Bach zu gut kennt und zu sehr liebt, als dass auch nur eine Note untern Tisch fällt. Am Samstag erlebt die Donnerstag in Plauen begonnene OrgelArena Vogtland neun Konzerte, tags darauf im Raum Gera noch eins mehr.
Schlag zehn geht es in der Neumarker Kirche los, dann folgen Mylau, Limbach, Bergen, Auerbach, Rodewisch und Rothenkirchen. Der Tag: klingt in Reichenbach aus, mit Konzerten in der Peter-Paul- und der Trinitatiskirche. Wie fast überall erhebt sich am Ende die Zuhörerschaft und darf sich über eine Zugabe freuen.
Wie der Vater, so der Sohn
Unter ihnen ist auch Hermann Grünert, der Vater des „charismatischen Kantors“ – wie ihn der Auerbacher Kollege Jörg Bräunig bei der Begrüßung nennt. Hermann Grünert war selbst Jahrzehnte als Kantor tätig, trotzte damit erfolgreich seiner Blindheit. Sogar Orchester und Chöre hat er dirigiert. Der Junge soll, einmal gesagt haben, er möchte am liebsten auch blind sein, damit er so gut Orgel spielen könne wie der Vater. Der sitzt heute im Saal und bekennt nach dem Konzert in Bergen an der Orgel des Adorfers Karl Robert Barth von 1874: „Mich erfüllt Stolz und Freude. Diese Tage sind für mich eine Reise zu dem, was mein Leben einmal ausgemacht hat, und zum Wesentlichen, zur Verinnerlichung und zur Liebe Gottes.“ Wenn sich Hermann Grünert recht erinnert, hat sein Sohn mit dem Orgelspielen so richtig Ernst erst in der Zeit um das Abitur herum gemacht. Bis zum 13. Lebensjahr, als der Unterricht bei einem Kollegen begann, habe er nur nach des Vaters Noten -zwei- oder dreistimmige Liedbearbeitungen waren das – den Kirchenchor im fränkischen Neuendettelsau auf der Orgel begleitet.
Heute ist Matthias Grünert – das beweist gerade auch diese OrgelArena – nicht allein ein begnadeter Bach-Interpret; er folgt dem großen Musiker auch in Sachen Orgel-Kenntnis, Orgel-Gefühl nach. Wenn Grünert sich an den Spieltisch eines Instruments setzt, das ihm nicht selten völlig unbekannt ist, muss man unwillkürlich an den Eisenacher denken, der mit neunzehn schon einen Ruf als Orgelkenner hatte und altgediente Fachleute ein ums andere Mal in Staunen versetzte. Der Nachfolger, der am Samstag nicht die Zeit hat, auch nur einen Ton zu probieren, welche Notizen werfen zu müssen -flugs die Register und legt los. Man muss es gesehen und vor allem gehört haben. Denn: Bei Grünert klingen alle Orgeln gleich gut. Auch die, die dringend reparaturbedürftig sind und manchem Kollegen schon – Matthias Eisenberg eingeschlossen – einige Sorgen gemacht haben.
Da staunt selbst ein Mann wie der Limbacher Orgelbaumeister Thomas Wolf, der außerdem sagt: „Wer einen Tag wie heute in ansprechender Qualität durchstehen will, muss wissen, was er sich zumutet. Er muss eine tolle Kondition haben. Da braucht man nur mal beim siebenten oder achten Konzert in die falsche Notenzeile zu rutschen, und schon ist alles aus und vorbei.“ Am Samstag hielt die Kondition. Das einzig hörbare Missgeschick ereignete sich in Limbach, wo Grünert nicht Bach, sondern populäre Märsche und kleine Kabinettstücke spielte. Da blieb eine Taste der Hildebrandt-Orgel von anno 1892 einfach liegen, wollte nicht mehr, was dem vorgeschriebenen Gang der Harmonie natürlich nicht gut bekam.
In Limbach lud die Kirchgemeinde alle Gäste des Konzertes zu einem reichhaltigen und bestens mundenden Mittagessen ins Pfarrhaus ein. Danach machte die Bus-Gesellschaft noch überraschend einen Abstecher in Orgelbauer Thomas Wolfs Werk- statt. Vogtland-OrgelArena-Organisator Andreas Seidel aus Gottesgrün folgte damit der Idee eines Gastes.
Stille Helfer im Hintergrund
Dass dadurch der Zeitplan nicht durcheinander geriet, spricht für die die Organisation der Fünf-Tage-Veranstaltung. Der Druckunternehmer Seidel, der mit Grünert in dessen Zeit als Greizer Stadtkantor (2000 – 2004) Freundschaft schloss, hat dabei zuverlässige Mitstreiter. Dazu zählen Frau Cornelia (Organisation und Betreuung), Sohn Tobias (Internet), Johannes Oder (Notenwart) sowie einige Freunde, die wechselweise dem „Maestro“, wie Grünert in diesem; Kreise gerne genannt wird, vorausfahren. Nach dem ersten Tag stieß in Plauen der Orgelstudent Fabian Bamberg spontan zum Team. Dank schuldet Seidel auch dem Begründer der OrgelArenen, dem Jenaer Karl-Heinz Kraass. Dieser kam 2004 auf die Idee, eine zunächst vereins intern geplante Orgelführung mit Matthias Grünert quer durchs Eichsfeld öffentlich zugänglich zu machen. Das Projekt fand regen Zuspruch und wurde in anderen Teilen Thüringens und in Oberfranken fortgesetzt. Und wie nahmen die Vogtländer : das reiche Samstags-Angebot an? Weniger als 100 Zuhörer gab es bei keinem Konzert. Weit über 200 fanden sich in Mylau ein und in der Reichenbacher Peter-Paul-Kirche dürften es über 300 gewesen sein. In Neumark hatte Musiklehrerin Marion Ruf eine Reihe Schüler interessieren können, die während des Konzertes ganz nahe an Matthias Grünert und die kürzlich generalüberholte Schüßler-Orgel von 1979 heranrückten. „Ein tolles Erlebnis“, waren sich hinterher Christoph Neumann und Erik Wagner (10) einig, „Wer sich ein Konzert mit einem so großen Künstler entgehen lässt, ist selber schuld. Mir haben vor allem die leisen Töne gefallen, die der Mann aus unserer Trampeli-Orgel hervorgezaubert hat“, meinte die Rothenkirchnerin Helga Schlesiger. Und der Osnabrücker Oberstaatsanwalt a. D. Heribert Günther, der mit Gattin Irmtraud schon die vierte OrgelArena erlebte, resümierte kurz: „Exzellente Musik – der Mann wurde ja von Konzert zu Konzert immer noch besser, dazu eine beeindruckende Landschaft und einmalige Baudenkmäler – alles hat gepasst.“
Bildunterschriften: Bild 1: Matthias Grünert in der Reichenbacher Trinitatiskirche
Bild 2: Kaum Zeit zum Luftholen – und ab geht’s zum nächsten Termin.
Freie Presse 16.9.2008
Orgelmarathon: “Alles locker“ Matthias Grünert entspannt nach 40 Konzerten und 204 gespielten Werken Matthias Grünert, Kantor der Frauenkirche in Dresden, hat mit dem 40. Konzert nach fünf Tagen am Montag Abend das Ziel des Orgelmarathons in Kürbitz erreicht. Etwa 7000 Zuhörer verfolgten seit dem Start in der Plauener Johanniskirche am vorigen Donnerstag in Kirchen und Konzertsälen die 204 gespielten Werke und ungezählten Zugaben der fünften OrgelArena. Sie führten den Organisten und die Besucher quer durch das thüringische und sächsische Vogtland. Lutz Kirchner sprach nach dem letzten Konzert in der Salvatorkirche Kürbitz mit dem rasenden Organisten.
„Freie Presse“: Herr Grünert, wie geht’s Ihnen jetzt, sind Sie sehr verspannt und erschöpft?
Matthias Grünert: Aber nein. Es ist alles locker. Das ist eine Sache der Konzentration. Am Samstag ist das Oratorium „Elias“ von Felix Mendelssohn Bartholdy in der Frauenkirche dran. Da kann ich die Schultern wieder ausschütteln. (Anm. d. Red.: Der Kantor wird dirigieren.) Das nächste Mal werde ich im Gottesdienst an der Orgel sitzen, wahrscheinlich am Wochenende.
„Freie Presse“: Ist Orgelspielen für Sie etwa Erholung?
Grünert: Ach, zuhören ist auch ganz schön. Da muss man nicht mit der Tücke des Objekts kämpfen. Einige Instrumente waren auch körperlich schwer zu spielen.
„Freie Presse“: Kannten Sie die 40 Instrumente vorher?
Grünert: Einen Teil kannte ich. Die Orgel in der Plauener Johanniskirche zum Beispiel von der Aufnahme für die CD, auch die in der Pauluskirche und die in Markneukirchen und andere auch, die hier in Kürbitz jedoch nicht. Die Lastwagen-Orgel, die ich in Greiz gespielt habe, kannte ich auch nur vom Hörensagen.
„Freie Presse“: Welches Instrument hat Sie am meisten überrascht?
Grünert: Für einen Organisten sind immer die möglichst original erhaltenen Instrumente die Interessantesten. Die Eule-Orgel in Brunndöbra bei Klingenthal ist so eine gewesen. Die ist von 1910 und niemand hat seitdem dran herumgeschnippelt. Sie ist 2000 von der Firma Vogtländischer Orgelbau Thomas Wolf überholt worden und lässt sich ganz locker spielen. Für romantische Werke wie das von Joseph Gabriel Rheinberger ist sie geschaffen. Da entstand ein Klangsog, so wie es die Romantik verlangt. Ich fühlte mich wie in die damalige Zeit versetzt. Ich will aber den anderen Instrumenten nicht Unrecht tun.
„Freie Presse“: Bei welchen der 40 Konzerte wurden die meisten Besuchergezählt?
Grünert: Das war, denke ich, auf dem Kirchplatz in Greiz. Dort waren es wohl 700 Zuhörer und im Konzertsaal des Geraer Theaters, dort müssen es über 600 gewesen sein.
„Freie Presse“: Sie haben den Marathon in Plauen mit Werken von Johann Sebastian Bach begonnen und in Kürbitz mit dem selben Komponisten beendet Sie fühlen eine starke Schwäche für Bach?
Grünert: Ja, da gibt es nichts, was, drübersteht. Aber damit will ich nichts gegen die Romantiker oder andere sagen.
„Freie Presse“: Wann und wo wird es die nächste OrgelArena geben ?
Grünert: Voraussichtlich im August nächsten Jahres in der Gegend um Jena. Und für den September 2009 ist eine im Raum Düsseldorf geplant.
Freie Presse 17.9.2008
Orgelmarathon-Tage an 40 Spielstätten Landwüst / Dresdner Frauenkirchenkantor Matthias Grünert stellt sich besonderer Herausforderung
Der Dresdner Frauenkirchenkantor Matthias Grünert gastierte zum 5. Orgelarenajahr vom 12. bis zum 15. September im thüringischen und sächsischen Vogtland. Am letzten „Orgelmarathontag“ nach nunmehr 27 Spielstätten wurden sieben der Königinnen der Instrumente im Oberen Vogtland von Grünert spielerisch mit hochkarätigen Orgelwerken von Johann Sebastian Bach über Felix Mendelssohn Bartholdy bis Max Reger unter die Lupe genommen.
Darunter war auch die Orgel in der beschaulichen Wallfahrtskirche St. Laurentius von Landwüst. 1822 wurde sie von Friedrich Wilhelm Trämpeli (1790-1832), letzter Orgelbauer der bekannten Orgelbauerfamilie aus Adorf, erbaut. Die Trampelis bauten seit 1730 mit Friedrich Wilhelm in der dritten Generation Orgeln und galten als eine der bekanntesten Orgelbauerfamilien nach Gottfried Silbermann. So erhielten die Trampelis den Titel Herzoglich Sächsisch-Weimarischer und Eisenacher Hoforgelbauer. Mit dem montäglichen leider zu kurzem Konzert an der Landwüster Orgel kehrte nun im übertragenen Sinn ein erstklassiger Kenner und Könner des Orgelspielfaches aus der; sächsischen Hofkantorenmetropole an den Ort der Wirkungsstätte eines der sächsisehen Hoforgelbauer zurück. Alle diese Zeichen, zum einen die Zahl Fünf als Arena jähr, das Zusammentreffen einer Orgel eines berühmten Baumeisters und eines berühmten Organisten sollten Grund genug für ein gutes Gelingen sein und so gestaltete sich die Aufführung vor über 80 Besucher sehr beeindruckend. Während draußen neben der Kirche auf dem Friedhof die Trauermesse für den Landwüster Lothar Trauer begangen wurde, spielte Matthias Grünert ohne es zuvor zu ahnen das Kyrie, Gott Vater in Ewigkeit (BWV 672) und Christ, aller Welt Trost (BWV 673). Den beiden Stücken folgten weitere Bachorgelwerke und die halbstündige Orgelandacht ging mit dem Prelude in h-Moll von Georg Joseph Vogler (1749-1814) zu Ende.
Zum ersten mal war in diesem Jahr auch der Vater des Orgelvirtuosen, der Kirchenmusikdirektor und Kantor Hermann Grünert dabei. Als sein Sohn schon wieder auf dem Weg zur nächsten Spielstätte, der Nicolaikirche zu Markneukirchen war, improvisierte Vater Grünert noch etwas an dem altehrwürdigen Orgelmanual. Wie man sagt fällt der Apfel nicht weit vom Stamm und so lernte einst Junior Grünert seine Orgelgehversuche bei seinem seit der Kindheit blinden Vater.
Das Instrument in Landwüst bereitete Matthias Grünert sichtlich Schwierigkeiten, denn die Mechanik war wohl seinerzeit für kräftigere Bauernhändekantoren gemacht und so musste der Frauenkirchenorganist schon seine Finger mächtig in die Tastenmanuale legen und entsprechende Beinarbeit auf die Pedale geben, damit die zum Teil schwierigen Bachwerke den Zuhörern in gewohnter Virtuosität nahe gebracht werden konnten.
Trotzdem war es für Matthias Grünert und die Zuhörer, die zum Teil als langjährige Grünert-Fangemeinde aus anreisten, ein Erlebnis.
Der fachkundige vogtländische Orgelbauer Thomas Wolf aus Limbach war beeindruckt von dem 186 jährigen Orgelwerk. Er inspizierte das Innenleben der Orgel und den noch vorhanden Handblasebalg genausten. Der Arenaprojektleiter Andreas Seidel aus Gottesgrün war wieder von den neuen Spielorten angetan und hat schon für 2009 viele Spielstättenideen. B. Müller
Bildunterschrift: Vater und Sohn Grünert an der Landwüster Orgel zum letzten Orgelarenatag, hinter Vater Grünert der Veranstaltungsprojektleiter Andreas Seidel. Foto: Müller
Vogtland-Anzeiger 18.9.2008
Er habe mit seinen Konzerten zahlreiche neue Anhänger insbesondere für die Musik Johann Sebastian Bachs gewonnen, hieß es. Zu den Höhepunkten der vom Verein Kirchenklang organisierten Tour hätten die Konzerte auf den Silbermannorgeln in Freiberg, Frankenstein und Zöblitz sowie der Besuch der Großolbersdorfer Orgelbaufirma Wünning gezählt. Danach habe Grünert auf einem Wünning-Instrument in der nahe gelegenen Dorfkirche gespielt. An den verschiedenen Stationen hatte sich laut Grünert kein Orgelstück wiederholt. Die Tour hatte am 12. August in der Freiberger St.-Petri-Kirche begonnen. Grünert sagte nach dem Orgelmarathon, er habe eine der intaktesten deutschen Orgellandschaften kennen und lieben gelernt. Der Orgelmarathon wurde den Angaben zufolge am Montag in Zschopau als erfolgreiches Projekt im Rahmen des Bundeswettbewerbs «Deutschland – Land der Ideen» ausgezeichnet. Die Orgel-Reihe mit Matthias Grünert begann 2004 im Eichsfeld. Grünert wurde 2004 als erster Kantor der Dresdner Frauenkirche berufen und trat am 1. Januar 2005 dieses Amt an. ddp

Der Verein Kirchenklang, der diesen OrgelMarathon organisierte und durchgeführte, zog eine äußerst positive Bilanz. Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, lies 42 Orgeln vor mehr als 10.000 Zuhörern erklingen. Ständig begleitet wurde er von Orgelfreunden aus ganz Deutschland und fünf Nachbarländern in zwei Reisebussen. Hervorzuheben waren die Konzerte in Polen und in der Tschechischen Republik. Hier wurden die Orgelfreunde mit besonderer Herzlichkeit empfangen. In verschiedenen Kirchen gab es zum Abschluss Wein und andere kulinarische Köstlichkeiten. Zum Erhalt der Orgeln konnten in den sechs Tagen etwa 8.000 Euro eingespielt werden. Auch neue Orgelfreunde wurden gewonnen. Viele, die nur ein Konzert besuchen wollten, gerieten in einen Sog, der sie bis zum Schluss mit sich nahm.
Derzeit trifft man ihn – und seine 90-köpfige Fankarawane – beim Orgelmarathon in der Oberlausitz. Aber nur, wenn man den genauen Zeitplan kennt. Denn Marathon heißt hier: 42 auserwählte Kirchen in sechs Tagen jeweils eine reichliche halbe Stunde mit insgesamt 210 eigenhändig auserwählten Werken zu beglücken – natürlich ohne jede Stückwiederholung. Organisator Andreas G. Seidel, als Vereinschef des gemeinnützigen Vereins Kirchenklang Reiseleiter und Tourmanager in Personalunion, hat das Tagungs- und Erholungsheim der Herrnhuter Brüdergemeine als Basis gemietet. Von hier starten sechs Tagestouren mitsamt jener Stammkundschaft, die das volle Orgelerlebnis mit allen Facetten und Pfeifen erleben will. Für 32 Euro pro Nacht haben rund 70 meist ältere Jünger eingenistet, die Tagestouren schlagen mit 15 Euro pro Bussitz plus 22 Euro für Verpflegung zu Buche. Alle gebotene Kunst hingegen ist frei. „Am Wochenende werden es sogar 90 sein und wir brauchen dann zwei große Busse“, entschuldigt sich Seidel fast dafür, dass sich diesmal ein Drittel mehr als beim ersten Marathon 2010 im Erzgebirge für die komplette Tour entschieden hat: „Wir machen dafür keinerlei Werbung, die Leute finden uns aber.“ Warum Seidel, sportliche 54 und im normalen Leben Inhaber einer Druckerei, das tut, weiß er genau: „Matthias ist ein Genie – und Genies muss man fördern und fordern.“ Doch der Erfolg der Tour ist allmählich gewachsen: Schon als Grünert direkt nach dem Studium im durchaus unüblichen Alter von 26 Lenzen seine A-Kantoren-Stelle im thüringischen Greiz antrat – normal wäre rund zehn Jahre später und B-Einstufung – entstanden erste Orgeltouren, die laut Grünert von „paradiesischen Zuständen“ begünstigt waren. In und um Jena, Weimar oder im Eichsfeld lauere aller fünf Kilometer ein Kirchenhaus mit Orgel – etliche Fans folgten dem Künstler sogar mit dem Rad. Daraus wuchs ab 2004 die Orgelarena, nun folgt aller zwei Jahre der Marathon. Betrachtet man die Sechstagestour mit zwanzigstündiger Musikgarantie etappenweise, die sich in Gänze nur mit Programmheft, Karte und Zeitplan erschließt, könnte es auch Hindernissprint lauten. War der erste Tagestrip von Kamenz über Uhyst nach Göda noch human, warten schon am zweiten Tag echte Herausforderungen mit ökumenischen Grenzerfahrungen: Ebersbach, Sluknov, Schönbach, Purschwitz und zweimal Bautzen verheißt die Tour, dreizehn Stunden Fahrzeit für die Gäste, zwei mehr für Künstler und das siebenköpfige Organisationsteam. Trotz der Eile müssen Späße sein: Nach zwei beeindruckenden Bach-Interpretationen, quasi als Frühsport vor über 200 begeisterten Besuchern in der Ebersbacher Barockkirche, scherzt und plaudert Grünert, dem zehn Kilo Notenbücher aus der prallen Umhängetasche ragen. Doch die Zeit ist knapp, das Führungsauto mit dem Künstler, seinem Registranten und dem elegant gekleideten Chauffeur wartet vor dem verfallenen Kretscham – ein nagelneuer Audi 7 quattro mit 248 Pferdestärken. Das geht dank der gut laufenden 20-Mann-Firma von Klaus Lehmann, einem verschmitzten Diplomingenieur der Ostmarke „Geht nicht, gibt’s nicht“. Und zwar für den ganzen Marathon – ein Freundschaftsdienst zugunsten der Kunst. Grünert hätte gern mal ein Stück Autobahn volle Pulle dazwischen, aber das lässt der Tourplan nicht zu. Dafür kann das Auto dem Beifahrer die Schultern massieren: drei Minuten Stärke 5, das reicht. Nach zehn Minuten Autosprint warten mehrere Systemwechsel: St. Wenzel in Sluknov ist Frühbarock, katholische Erzdekanatskirche und bekam 1940 die letzte Orgel des Zittauer Orgelmeisters Andreas Schuster auf böhmischem Gebiet einverleibt. Seither geschah nicht viel – was Grünert ernsthaft ärgert: Orgeln müssten regelmäßig gepflegt werden, sonst verkomme die Kirchenmusik zum rein liturgischen Ritual. Doch er meistert die Tücken, die er vorher kannte, und löst mit Sonate Nummer 19 von Rheinberger Beifall und Entspannung aus. Der fröhliche Erzdekan Pawel Prohaska betont, dass seine Kirche lange nicht mehr so voll gewesen sei und lädt Gemeinde und Gäste zu Rot und Weißwein, von ihm eigenhändig aus mährischen Fässern in die italienischen 5-Liter-Flaschen auf dem Tisch umgefüllt, wie er betont. Weiter geht es nach Schönbach. Hier speist die Gesellschaft, während der Maestro und sein Freund Matthias Erler – B-Kantor aus Südthüringen, der in der „Mehrzwecktasche“ einerseits Grünerts Orgelschule, andererseits zwei bis vier Flaschen Bier „gegen den Kirchenstaub“ mitschleppt – schnell mal ein Register reparieren. Nach dem Konzert in Purschwitz gibt es die Gelegenheit für ein schnelles Standbier an der Kirchenmauer. Wer dabei das Eibauer und wer das Störtebeker trank, gehört ebenso wenig erwähnt wie der Inhalt der Herrenwitze auf Kantorenart. Der Besuch beim Bautzener Orgelbauer Eule, dessen Geschäftsführer Jiri Kocourek mithalf bei der Orgelauswahl und ein reiches Vorwort im Programmheft lieferte, offenbarte per Gartenimbiss bücherfüllende Details aus dem Leben der vitalen Begleitmannschaft, die mittlerweile aus ganz Mitteleuropa angereist kommt. Ihr Star jedoch ist schon wieder am Orgeln und bereitet sich auf den Tageshöhepunkt vor: Ein Doppelkonzert auf beiden Orgeln im Simultandom St. Petri zu Bautzen: 450 Leute lauschen gebannt, was aus den jeweils größten Arbeiten der berühmtesten Orgelbauern der Stadt – Leopold Kohl und dessen Geselle Hermann Eule – tönt. Für sie ist es purer Genuss, für Grünert Station 12 von 42.
OrgelArena 2015 14. bis 17. Mai
Matthias Grünert spielt an vier Tagen an 27 verschiedenen Orgeln – und will auch junge Menschen begeisternDie Orgel wird im Bayrischen Norden bald vier Tage lang den Ton angeben. Am Himmelfahrtswochenende, vom 14. bis 17. Mai, findet die „OrgelArena Fränkisches Weinland“ statt. Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, lässt 27 besondere Orgeln in 25 Konzerten erklingen. Dabei geht es fast pausenlos von einem Ort in den nächsten. Begleitet wird er von Orgelfreunden aus ganz Deutschland und verschiedenen Nachbarländern. „Die Fan-Gemeinde ist mittlerweile enorm“, verrät Andreas G. Seidel vom Verein Kirchenklang. „Entgegen dem Trend bei normalen Orgelkonzerten wird dieses besondere Kulturprojekt immer sehr gut angenommen.“
Die OrgelArena gibt es seit 2004 im Zwei-Jahres-Rhythmus. Die Idee lautet, jeweils eine Orgellandschaft vorzustellen und der Orgel Gehör zu verschaffen. Die OrgelArena fand schon in verschiedenen Regionen Sachsens, in Mittel- und in Oberfranken statt. Diesmal ist Unterfranken an der Reihe. Matthias Grünert verrät im Interview, warum er sich darauf ganz besonders freut.
Wie gelingt es Ihnen bei dem straffen Terminplan, jede Orgel ohne großes Einspielen zu beherrschen?
Matthias Grünert: Der Zeitplan ist sehr eng gestrickt, ja! Das ist wie bei einer Weinverkostung: unmittelbar nebeneinander gestellt, ohne große Pause zwischendurch, die Orgeln einer Region spielen, bewerten, genießen und daraus Erfahrung schöpfen! Aber im Ernst: An einigen Orgeln muss ich im Vorfeld meine Vorbereitung treffen, um dem Publikum interessante Registrierungen, d.h. Klangkombinationen zu präsentieren, die ich nur im näheren Kennenlernen des jeweiligen Instrumentes entdecken kann. Jede Orgel ist einmalig, exakt auf den betreffenden Kirchenraum ausgelegt. Nicht nur in der Größe liegen die Unterschiede, sondern vor allem in der Stilistik. Entsprechend habe ich in der Vorplanung Orgelkompositionen ausgewählt, die zu den jeweiligen Orgeltypen passen.
Gerade junge Menschen zieht es oftmals nicht unbedingt in Kirchen. Sie verbinden das Orgelspiel wohl automatisch mit geistlicher und altertümlicher Musik. Was ist da dran?
Das Programm orientiert sich an der Erbauungszeit der Instrumente: Stammt die Orgel aus dem 19. Jahrhundert, erklingt darauf vor allem Musik des 19. Jahrhunderts. Sitze ich an einer Orgel des 20. Jahrhunderts, so spiele ich teilweise zeitgenössische Werke, wie beispielsweise in Münsterschwarzach. Für jeden Geschmack dürfte etwas dabei sein – und spätestens bei Bachs d-moll-Toccata sollten junge Menschen schwach werden!
Was ist für Sie das Besondere an der OrgelArena?
Die OrgelArena ist zum Publikumsmagnet geworden und genau das macht mir Freude – dass ich mit Orgelmusik viele Menschen ansprechen kann. Das Wichtigste aber ist, Einheimischen und Orgeltouristen die Schätze in ihren Kirchen zu zeigen und zu bestätigen, dass es sich bei der Orgel wirklich um die Königin der Instrumente handelt.
Haben Sie eine Lieblingsorgel?
Sie müssten im Plural fragen, aber dann gibt es eine lange Liste meinerseits. Eine Lieblingsorgel gibt es nicht, schon allein weil ich die Abwechslung liebe.
Was können Sie den Besuchern der Konzerte versprechen?
Wer mehrere Konzerte besucht, erlebt so richtig die Vielfalt der Orgelwelt. Aber selbst der Besuch eines einzigen Konzertes bleibt sicher in Erinnerung. Es gibt doch viel zu selten die Gelegenheit, einfach tagsüber mal eine halbe Stunde Orgelmusik zu genießen… Gerne komme ich nach dem Abschlusskonzert auf dem Schwanberg noch mit meinem Publikum ins Gespräch. Zugaben sind natürlich auch nicht ausgeschlossen. Ich liebe das Frankenland, bin ja selbst in Mittelfranken groß geworden, und freue mich jetzt schon sehr auf die Tage im Fränkischen.
Das Echo einer herrlich reichen OrgelregionMatthias Grünerts Orgelarena begeistert Publikum zwischen Kitzingen und Oberschwarzach
Foto: Robert Haass
Begonnen hatte die Orgelarena am Donnerstagnachmittag in der evangelischen Stadtkirche in Neustadt/Aisch, vier weitere Konzerte folgten noch am gleichen Tag. Eine andere Kirche, eine andere Orgel, ein anderes Programm und – zumindest in Teilen – ein anderes Publikum.
Denn Grünert ist nicht alleine unterwegs. Ein Tross von rund 50 Musikbegeisterten begleitet den Kantor der Dresdner Frauenkirche auf seiner „Tour“ quer durch das fränkische Weinland, von Würzburg bis Neustadt an der Aisch, von Gaibach bis Ickelheim.
So unterschiedlich wie die Kirchen und ihre Orgeln ist auch Grünerts Programm. Natürlich Johann Sebastian Bach, aber auch die großen Franzosen und Josef Gabriel Rheinberger, von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis in die Moderne, das ist abwechslungsreich und immer wieder interessant. Seit dem Jahr 2004 gibt es die Orgelarena, seitdem „tourt“ Grünert in wechselnden Abständen durch Regionen Deutschlands und gibt dabei bis zu 40 Konzerte.
Jede Kirche hat da ihren eigenen Charme, jede Orgel ihren eigenen Klang und Charakter. Die meisten Instrumente kennt der Kantor nur von der Beschreibung her, hat aber für jede ein eigenes Programm entwickelt. Klar, dass die Konzerte zeitlich auf etwa eine halbe Stunde begrenzt sind, denn, wie etwa am Samstag, zwei Mal Kitzingen, zwei Mal Volkach, dann Gaibach, Oberschwarzach und zum Schluss noch Ebrach – das muss nicht nur gespielt, sondern auch gefahren werden.
Wie begeistert Grünerts Publikum ist, zeigt das Abschlusskonzert auf dem Schwanberg, das bei Robert Schumanns Träumerei sichtlich entrückt ist, bei Tschaikowskys Tanz der Schwäne fast selber ins Tanzen gerät, den „Rausschmeißer“ Blase-Away von Abe Holzmann mit viel Humor nimmt und bei der ersten von einigen Zugaben, Bachs „Jesu meine Freude“, zusammen mit Trompeter und Freund Friedrich Rohm, klar ins Schwelgen gerät.
„Das ist eine herrlich reiche Orgelregion“, sagt Grünert am Ende, freut sich über das sonnige Wetter in den vergangenen vier Tagen und gibt auch zu „herrliche Weine“ mit viel Genuss getrunken zu haben. In guter Erinnerung geblieben sind ihm vor allem die Orgel in Münsterschwarzach und ganz begeistert ist er am Sonntagabend immer noch von der kleinen Orgel in der Wallfahrtskirche Maria im Weingarten in Volkach.
OrgelMarathon Altmark 2016
Beim Orgelmarathon erklingt Bach
Der Verein Kirchenklang organisiert diese seit 2004 deutschlandweit. Von Anfang an ist Matthias Grünert, der 1973 in Nürnberg geboren wurde, der Akteur. Jedes Jahr wird eine bestimmte Region ausgewählt. Es gibt eine organisierte Busreise. Zudem reisen viele Musikfreunde selbst an und begleiten den Kantor zu den verschiedenen Stationen. Dass der Dom schon um 10 Uhr so gut gefüllt ist, war für Matthias Grünert nichts Ungewöhnliches. „Die Leute kommen zu den unmöglichsten Zeiten zu den Konzerten“, freut er sich über das große Interesse. Viel Wissenswertes zur Orgellandschaft und den Kirchen vermittelt das Programmheft. Im Internet zu finden unter http://www.orgel-information.de/Downloads/OrgelMarathon_Altmark_Programmheft.pdf
Gut besucht war der Dom am Donnerstagvormittag. Foto: Andrea Schröder
Matthias Grünert machte mit dem Orgelmarathon in Havelberg Station. Foto: Andrea Schröde
Volksstimme 18.8.2016
Konzerttour
Organist reist mit vielen Fans an
Sehr gut war die Resonanz auf die Einladung zum Orgelmarathon in der Seehäuser Petri-Kirche.Foto: Schaffer
Von Orgel zu Orgel: Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, spielt an fünf Tagen an 32 verschiedenen Orgeln.
Seehausen/Krumke (wsc/igu) Fünf Tage standen beziehungsweise stehen vom 17. bis 21. August 32 besondere Orgeln aus Kirchen der Region im Mittelpunkt des „Orgelmarathon Altmark 2016“. Allerdings wurden bei dieser Aktion auch ein paar Kircheninstrumente einbezogen, die nicht nur Orgellandschaft der beiden Kreise Salzwedel und Stendal, sondern zur Prignitz und zum Jerichower Land gehören.
An den ausgewählten Orgeln gab der Kantor der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert, ein je halbstündiges Konzert mit Stücken, die dem Charakter der entsprechenden Orgeln gut angepasst waren. Begleitet wurde der Kantor von circa 80 Orgelfreunden aus Deutschland und dem Ausland, die per Bus oder Auto von Spielort zu Spielort folgten. Donnerstag stand im Zeichen der Konzerte in Havelberg, Bad Wilsnack, Wittenberge, Beuster, Seehausen, Krevese und Osterburg, wobei der Zeitrahmen sehr eng gefasst war und zwischen 10 Uhr in Havelberg und 19 Uhr in Osterburg lag. Der Zeitplan passte: „Alles bestens“, meinte der Kantor bei seinem Auftritt in Krevese.
Zuvor erklang in der Seehäuser Petri-Kirche von der Lütkemüller-Orgel die Sonate Nr. XI d-Moll op 148 von Joseph Gabriel Rheinberger. Der gesamte klangliche Facettenreichtum der restaurierten Orgel konnte mit diesem Stück in einer halben Stunde leider nicht voll zum Ausdruck gebracht werden, aber sonst war es ein Genuss, bei diesem Orgelmarathon dabei zu sein, so der Seehäuser Kantor i.R. Friedemann Nitsch. Kantorin Sophie Charlotte Tetzlaff oblag es nicht nur die Gäste zu begrüßen, sondern zusammen mit Michael Kraner die Orgelregistratur zu bedienen. Mit Befremden nahmen allerdings die Organisatoren vom Verein Kirchenklang aus Greiz zur Kenntnis, dass nach dem Ausladen der Technik vor der Kirche an ihrem Auto ein Knöllchen des Ordnungsamtes prangte.
Nach Seehausen folgte wie erwähnt Krevese, wo Pfarrer Matthias Kruppke die Fangemeinde (sogar eine Dänin und ein Holländer waren darunter) und Altmärker begrüßte. Grünert spielte zum ersten Mal an der Barockorgel von 1721. „Etwas ungewohnt“, meinte er beim Einspielen. Die Besucher hörten unter anderem Bachs Partita (Christ, der du bist der helle Tag) und belohnten den Musiker mit reichlich Applaus. Anschließend ging es schnell nach Osterburg…
Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, nahm auch an der Gansenorgel Platz. Foto: Gutsche
Volksstimme 19.8.2016
Orgelmarathon
Virtuos trotz Zeitdrucks
Von der Marienkirche ging es für Matthias Grünert gleich weiter nach Kloster Neuendorf. Foto: Antonius Wollmann
Der Dresdner Kantor Matthias Grünert spielt 32 Konzerte in fünf Tagen – am Freitag unter anderem in der Gardeleger Marienkirche.
Gardelegen (wo) l 32 Konzerte innerhalb von nur fünf Tagen: Matthias Grünert hat ein strammes Programm zu absolvieren. Im Rahmen des Orgelmarathons ist er in der gesamten Altmark unterwegs. Dennoch wirkt der 43-jährige Kirchenmusiker keineswegs gestresst, als er gestern in der gut besuchten Marienkirche am Instrument sitzt. Am selben Tag war er bereits in Mieste, Roxförde und Letzlingen zu hören. Im Anschluss ging es weiter nach Kloster Neuendorf. Am Abend folgten Auftritte in den Kirchen von Schenkenhorst, Bismark und Meßdorf.
Hoch konzentriert spielt in Gardelegen sieben Stücke des Komponisten Dietrich Buxtehude. Ihm gelingt dabei das Kunststück, trotz des Zeitdrucks keineswegs gehetzt zu wirken. Im Gegenteil: Die Werke bekommen noch genug Raum, um auf die Zuhörer zu wirken. Dies macht sich besonders im Stück „Schön leuchtet der Morgenstern“ bemerkbar.
Das Publikum dankt es dem Virtuosen mit lang anhaltendem Applaus. Grünert muss zweimal an die Empore treten, ehe sich die Begeisterung legt. Für den Auftritt in Gardelegen hat er seinerseits nur lobende Worte übrig: „Die Orgel in der Marienkirche spielt sich ausgesprochen gut. Und es freut mich ungemein, dass so viele Menschen den Weg hierher gefunden haben.“ Viel Zeit, um den Applaus zu genießen, bleibt ihm dennoch nicht. Schnell packt er die Noten ein und ist schon wieder auf dem Weg zum nächsten Auftritt.
Volksstimme 20.8.2016
Thüringer begleitet Vater und Cheforganisator durch die Altmark
16-jähriger Wido ein Rädchen beim Orgelmarathon
Wido Seidel empfängt Gäste unterhalb der Orgel. Fotos: © Hertzfeld
tz Krevese. „Jede Orgel klingt ein Stück weit anders, so weit ich das beurteilen kann“, gibt sich Wido Seidel bescheiden. Der 16-Jährige ist eines der vielen Rädchen, die den „Orgelmarathon“ durch die Altmark möglich gemacht haben.
Sein Vater Andreas, Vorsitzender des Vereins „Kirchenklang“ mit Sitz im thüringischen Greiz, habe die Federführung bei dem musikalischen Veranstaltungsreigen. Dessen Filius macht aus seinem Herzen keine Mördergrube, natürlich helfe er gern, verteile in diesem Jahr zum Beispiel bei jeder der 32 Stationen das Programm, spiele ansonsten gern Klavier und möge klassische Musik, doch moderne Musik sei nun einmal auch nicht zu verachten. Doch dieser Abend in Krevese gehörte allein den Freunden klassischer Klänge. Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, nahm an der Gansen-Orgel von 1721 Platz und spielte unter anderem Johann Sebastian Bachs „Christe, der du bist der helle Tag“.
Der Orgelmarathon ist inzwischen abgeschlossen. Die Orgel in der Kreveser Klosterkirche rückt wieder aus dem großen Rampenlicht. Der 35. Kreveser Orgelsommer läuft noch und findet mit Christoph Ostendorfs Konzert am 3. September seinen Abschluss. Beginn: 20 Uhr. Der Förderverein bittet weiter um Spenden. Die Gansen-Orgel wird 2021 drei Jahrhunderte alt. Bis dahin soll sie restauriert sein.
Altmark-Zeitung 24.8.2016
Tangerhüttes Orgel ist besonders – jung
Konzerterlebnis mit Matthias Grünert / Sanierung für rund 20 000 Euro ist geplant
Tangerhütte (bsh) 0 Ganz beeindruckt von den Tönen, die der Kantor der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert, der Orgel in der Tangerhütter Kirche entlockte, waren etliche Besucher am Sonnabend. Im Rahmen des „Orgelmarathons 2016“ waren aber nicht nur Gäste aus der Region, sondern auch zahlreiche, weit gereiste Freunde der Orgelmusik in die „Dorfkirche von Vaethen“ gekommen, wie Pfarrer Johannes Christian Rost in der Begrüßung sagte. Der alte Name der jüngsten Stadt der Altmark (bevor sie zur Stadt wurde) verwunderte manchen Besucher, der ja nach Tangerhütte gefahren war.
Von den Tangerhüttern mag Wiederum manch einer verwundert gewesen sein, dass der Orgelmarathon auch in die kleine evangelische Kirche aus dem 18. Jahrhundert führte. Immerhin hat Tangerhütte weder eine sehr alte, berühmte oder besonders schöne Orgel zu bieten – auch wenn Letzteres sicher im Auge des Betrachters liegt.
Zu Zeiten kirchenfeindlicher Politik neu gebaut.
Die Orgel in der evangelischen Kirche von Tangerhütte ist trotzdem etwas Besonderes, denn sie ist eine von wenigen, die noch zu DDR-Zeiten, genauer gesagt 1961, neu gebaut worden ist.
Und das war in den Jahrzehnten kircherıfeindlicher DDR-Politik doch nicht ganz alltäglich. Gebaut wurde sie vom Orgelbauer Hans Eule (Bautzen), der das Rückbesinrieri auf ein scharfes, klares
Klangideal des Barock vertrat. Äußerlich ist sie eher schmucklos und sachlich – im Stil ihrer Zeit – gehalten. Und noch eines war Grund, im Rahmen der musikalischen Reise auf die Tangerhütter Orgel aufmerksam zu machen: Sie braucht eine Grundsanierung, die rund 20 000 Euro kosten dürfte, berichtete Pfarrer Rost. „Wenn also der eine oder andere Ton schief ist, dann liegt das an der Orgel- nicht am Organisten“, scherzte er noch zu Beginn. Schiefe Töne gab es für den Laien nicht zu hören, dafür ein beeindruckendes Klangerlebnis, das für viele Besucher die eher unscheinbare Kirchenorgel in ein neues Licht rückte.
Mit dem Orgelmarathon, der Matthias Grünert einmal im Jahr jeweils für 30 Minuten in ganz verschiedene Kirchen führt, wollten die Teilnehmer in diesem Jahr insbesondere die Kirchenvielfalt der Altmark kennen lernen.
Fünf Tage lang waren sie von Wittenberge bis Tangerhütte unterwegs, Schirmherr ist Ministerpräsident Rainer Haseloff. Organisator Andreas Seidel, der die Touren seit 2004 mitgestaltet und der in diesem Jahr Unterstützung durch Beate Erler hatte, freute sich darüber, mit Tangerhütte auch einmal eine eher junge Orgel im Programm gehabt zu haben.
Matthias Grunert an der Tangerhutter Orgel lk
Die Kirche war sehr gut gefüllt.
Fotos (2): Birgit Schulze
Volksstimme, Dienstag. 23. August 2016
„Solide Qualität und tolle Klangfarben“
Matthias Grünert lässt altmärkische Orgeln erklingen
„Sportlich“ war der Kantor der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert, bis zum Wochenende in der Altmark unterweges. Im Rahmen seines Orgelmarathons ließ er an fünf Tagen 32 Orgeln erklingen. Dabei auch die beiden Instrumente in Bismark und Meßdorf.
Von Maik Bock und Axel Junker
Bismark/Meßdorf Bis auf den letzten Platz waren am Freitagabend im Rahmen des OrgelMarathons Altmark die Kirchen in Bismark und Meßdorf gefüllt. Sogar der Chorraum war in Bismark mit Stühlen bestückt. Wobei im Publikum die Einheimischen eher in der Unterzahl waren. „Die Orgeln in Bismark und Meßdorf müssen sich nicht Verstecken“, stellte der Kantor der Dresdner Frauenkirche, Matthias Grünert, fest. „Sie verfügen über ein gutes Klangbild und befinden sich für ihr Alter in einem sehr guten Zustand.“
Die Bismarker Schuke-Orgel aus dem Jahr 1947 war die 19. Orgel, die Matthias Grünert zum altmärkischen OrgelMarathon erklingen ließ. Grünert spielte in Bismark und Meßdorf Werke von Johann Sebastian Bach. Von der Schuke-Orgel in Bismark zeigte er sich recht angetan. „Für eine Orgel aus der Nachkriegszeit hat sie einen sehr guten Klang, eine sehr solide Qualität und tolle Klangfarben“, erklärte Matthias Grünert. Auch das Publikum war vom Orgelspiel begeistert.
Matthias Grünert, Kantor der Dresdner Frauenkirche, ließ am vergangenen Freitag in halbstündigen Konzerten die Orgeln in Bismark und Meßdorf erklingen.
Nach dem gut halbstündigen Konzert gab es für Frauenkirchen-Kantor Grünert stehenden Applaus.
Viel Zeit für Gespräche blieb im Anschluss nicht, denn die Marathon-Orgel Nummer 20 wartete bereits in Meßdorf. Auch hier spielte Matthias Grünert vor (über) Vollbesetzten Bankreihen. Auf der Hartmann-Orgel aus dem Jahr 1744 (Von der Stendaler Firma Voigt 1882 romantisch überbaut und erweitert) erklangen neben den Werken von Bach auch Stücke von Joseph Gabriel Rheinberger und Percy Pletscher. Die Meßdorfer Orgel war am Freitag zudem in ein mystisches Licht getaucht. Auch hier gab es vom Publikum stehende Ovationen. Foto: Maik Bock
„Solch ein Orgelspiel habe ich in unserer Kirche zuletzt von Olivier Latry erlebt“, freute sich am Freitag auch Uwe Lenz, der mit Norbert Lazay die Meßdorfer Musikfesttage organisiert. Latry (französischer Komponist und Organist in der Kathedrale Notre-Dame de Paris) begeisterte vor Jahren in Meßdorf.
Die Bismarkerin Bärbel Bade war von dem halbstündigen Konzert in der Stadtkirche total begeistert und sagte „Daumen hoch, einfach super“. Ein Weiterer Besucher aus dem Raum Halberstadt sagte, dass er solche Klänge noch nie von einer Orgel gehört habe. Ulrike und Dirk Fechner aus Kremkau waren ebenfalls vom Konzert in Bismark begeistert und fuhren Kantor Matthias Grünert auch nach Meßdorf hinterher.
Volksstiınıne, Montag, 22. August 2016